Als ich das Kinderheim Another Hope Children's Ministry zum ersten Mal gesehen habe, war ich beeindruckt. Es sah sehr bunt und einladend aus und thronte auf einem Hügel. Dieser erste positive Eindruck wurde allerdings ein wenig getrübt, als ich es von innen gesehen habe, denn eine wirkliche Einrichtung, wie ich sie erwartet hatte gab es nicht.
Recht schnell habe ich dann aber auch rausgefunden, wie die Dinge so laufen und habe um eine Orientierung gebeten, die ich dann auch bekommen habe. Das war die erste große Herausforderung, die
ich meistern musste und ich war stolz auf mich, dass ich ganz selbstständig für mich eingestanden bin. Morgens bin ich mit in die Schule gegangen, in die sechs der Heimkinder gehen. Dort habe ich
in der Top Class ein wenig mitgeholfen. Hauptsächlich habe ich kontrolliert, ob die Kinder die Aufgabe richtig machen. Die Schule ist eine Nursery School, also praktisch der Kindergarten in
Deutschland mit dem Unterschied, dass die Kinder nicht spielen, sondern ganz normalen Unterricht haben und ab drei Jahren schreiben und lesen müssen. Der Unterricht hier besteht hauptsächlich aus
abschreiben und auswendig lernen. Zwischendurch werden aber natürlich auch kleine Spiele gespielt, Lieder gesungen oder Geschichten erzählt. Die Lehrerin hat einen sehr netten und liebevollen
Umgang mit den 13 Schülern. Nach dem Unterricht bin ich dann zusammen mit den Kindern im Schulvan zurück zum Heim gefahren, wo es dann Mittagessen gab. Größtenteils verpflegt sich das Heim
selbst. Zu den Feldern bin ich auch einmal mit gefahren. Dort habe ich dann Löcher gegraben, in die Maiskörner gesät wurden, Süßkartoffeln geerntet und neu gepflanzt und Unkraut gejätet. Das war
eine ganz andere Form der Arbeit, hat aber auch sehr viel Spaß gemacht.
Am Nachmittag spiele ich mit den Kindern. „Aunty Rhea, we go to library?“ ist die Frage, mit der ich morgens schon konfrontiert werde. Die library ist der Raum, in dem ich in der Regel mit den
Kindern spiele, lese, male, tanze oder bastel, je nachdem was mir gerade so einfällt und wie die Kids so drauf sind. Wir können auch den Außenbereich nutzen, in dem ein kleines Karussell und
Klettergerüst vorhanden sind und wo wir auch Fußball spielen oder Seilspringen können.
Als ich in die Gastfamilie gekommen bin, wurde ich sehr herzlich von meiner Gastmutter mit den Worten "There is my new daughter" (oder so ähnlich) begrüßt. Der erste Eindruck war also schon
einmal positiv und vor allem herzlich. Auch die äußeren Umstände waren sehr gut, mir fehlte es hier eigentlich an nichts. Ich hatte ein eigenes Zimmer, es gab ein großes Wohnzimmer und in der
Regel auch fließend Wasser. Meine Gasteltern haben vier eigene Kinder, wovon die älteren beiden aufs Internat gehen und nur in den Ferien zu Hause sind. Dann leben dort noch die Schwester meiner
Gastmutter, die allerdings erst 15 und mehr wie eine Tochter ist, und eine Cousine, die aber auch etwas verspätet auf die Boardingschule gegangen ist. Am Anfang war es sehr schwer für mich die
familiären Beziehungen zu verstehen, da der Begriff Familie hier eine etwas andere Bedeutung hat und es auch nicht immer sein muss, dass jemand die Tochter ist, wenn sie so genannt wird. Mit der
Zeit habe ich angefangen mich vor allem mit den beiden Kleinen (6 und 10) zu unterhalten und habe auch mit ihnen und einer Freundin Weihnachtskarten gebastelt. Dann wurde es auch mehr mit den
älteren.
Was habe ich bisher sonst noch so erlebt? - Insgesamt habe ich echt schon eine ganze Menge erlebt. Hier ist jeder Tag ein Abenteuer und langweilig wird es nie. Neben diversen Trips nach
Kampala, waren wir zum Beispiel schon auf einem Konzert, im Stadion zum Länderspiel Uganda-Lesotho und auf einem Mädels-Wochenendtrip in Jinja an der Quelle des Nils, wo dieser aus dem
Viktoriasee austritt. Das war unglaublich schön dort. Schon aus dem Hotel hatten wir einen umwerfenden Blick auf den Nil, den wir dann bei einer Bootstour auch noch einmal genauer zu Gesicht
bekommen haben. Einfach traumhaft!
Ansonsten haben wir auch gerne Kampala erkundet. Dazu haben wir eine Walking Tour gemacht, bei dem uns ein Guide durch die Universität, die Innenstadt, den großen Secondhandmarkt, auf dem man
alles, und ich meine wirklich alles, bekommen kann, die Slums und ein paar weitere Stationen geführt hat. Außerdem haben wir die Gadhafi Moschee besichtigt, die zweitgrößte Afrikas, von dessen
Minerette wir einen unglaublichen Ausblick genießen durften.
Irgendwann am Ende des Jahres mussten wir uns mit dem Abschied auseinandersetzen und einige Dinge organisieren.
Die letzten Wochen habe ich nur noch im Heim verbracht, da ich meine verbleibende Zeit mit den Kindern verbringen wollte. Ich bin wirklich gerne hingegangen und auch oft bis spät abends
geblieben, um die Zeit bestmöglich zu nutzen. Dann war ich mit einem Kollegen noch beim Wassertank Projekt und konnte mir auch das einmal ansehen. Another Hope baut in einem Dorf Wassertanks für
Familien, sodass diese nicht immer zum Wasser holen laufen müssen. Diese Wassertanks werden gesponsert. Es war sehr schön zu sehen, wie sich die Familien über diese Erleichterung freuen.
Tja, so schnell war mein Abenteuer Uganda leider schon wieder vorbei. Ich hätte noch gut ein bisschen länger bleiben können, da ich gerade voll drin war, gute Freunde gefunden hatte und das Leben
dort einfach total genossen habe. Ich habe auch über das gesamte Jahr wahnsinnig viel gelernt, was ich hier, egal was ich gemacht hätte, niemals gelernt hätte. Auch meine Weltsicht hat sich
geändert. Mir ist viel bewusster geworden was eigentlich wichtig ist, was total überflüssig ist (eine ganze Menge) und was ich erreichen möchte. Auf jeden Fall habe ich einiges über das Leben,
das Miteinander, Wertschätzung, Gelassenheit und und und, aber auch über mich selber gelernt.
Zum Schluss möchte ich noch mal ein kleines Fazit als Jahresüberblick ziehen: Insgesamt hatte ich ein unglaublich tolles Jahr. Um es mal umgangssprachlich auszudrücken: Es war einfach mega! Der
Anfang war sehr schwer und sehr hart mit vielen Dingen, die zusammengekommen sind und großem Heimweh. Gott sei Dank hatte ich meine Mitfreiwilligen, die eine ganze Menge aufgefangen haben, sonst
hätte ich das vielleicht nicht geschafft. Jetzt kann ich aber sagen, dass ich sehr dankbar für diese Zeit bin und froh bin, dass ich das so erlebt habe, denn letztendlich habe ich dadurch sehr
viel gelernt und viel Kraft und Stärke gewonnen. Jetzt weiß ich, dass nach jedem Tief wieder ein Hoch kommt und ich schon mal eine schwere Situation gemeistert habe und es geschafft habe aus
diesem Loch wieder herauszuklettern. Danach ging es aber eigentlich nur noch bergauf und vor allem die zweite Jahrhälfte war einfach nur toll. Mit tollen Leuten an meiner Seite, einer Arbeit, die
mir Spaß gemacht hat und einer Lebensweise, die ich wahnsinnig genossen habe, war alles perfekt. Alles in allem kann ich jetzt sagen, dass es absolut die richtige Entscheidung und genau das
richtige Abenteuer für mich war. Ich würde es immer wieder genauso machen!
Alles alles Liebe, eure Rhea