Erfahrungsbericht Greenhill, YMCA, Nordirland

Eva, Einsatzzeit: 2018 - 2019

Leben in Greenhill

Direkt am Fuße des Slieve Donards, dem höchsten Berg Nordirlands, liegt das YMCA Greenhill.

Auf dem Campgelände befindet sich das Haupthaus, die Dining Hall (dt.: „Speisesaal“), Häuschen für die Gruppen, ein neues Gebäude bestehend aus einem großen Konferenzraum und einem Schwimmbecken und unser Freiwilligenhaus. Hinzu kommen ein Fußballfeld, Bogenschießfelder und der Kletterturm.

In dem Freiwilligenhaus leben momentan inklusive mir insgesamt elf junge Menschen. Das Zusammenleben ist schwer zu beschreiben, aber eine chaotische, große Familie, die gegenseitig auf sich Acht gibt, trifft es, glaube ich, am besten.

Momentan haben wir das Glück, dass jeder ein eigenes Zimmer hat. Das war zu Beginn meines Aufenthalts leider nicht der Fall und ab Januar, wenn neue Freiwillige ankommen, wird sich das wahrscheinlich auch wieder ändern. Ich musste bisher mein Zimmer nicht teilen und habe es bereits etwas umgestaltet.

Zusammen mit der Hilfe von zwei anderen Freiwilligen habe ich nämlich meine Wände und meine Zimmertür gestrichen und einige Fotos aufgehängt. Auch wenn ich nicht viel Zeit in meinem Zimmer verbringe, bin ich doch froh, diesen Rückzugsort zu haben.

 

Im Allgemeinem gefällt mir das Zusammenleben mit so vielen jungen Menschen sehr gut! Wir alle verbringen viel Zeit gemeinsam im Wohnzimmer, wo es niemals ganz ruhig ist. Dass man das Wohnzimmer für sich hat, kommt ganz selten vor – lediglich, wenn alle ausschlafen und man selbst eine Frühaufsteherin ist! Umso angenehmer ist es manchmal, wenn ich mal einen Moment für mich habe und die Küche nicht überfüllt ist!

In unserem Haus leben neun Leute, die zeitgleich mit mir ihren Freiwilligendienst angefangen haben und zwei erfahrenere Freiwillige.

 

Der „neue“ Intake besteht wie gesagt aus neun Freiwilligen: einem Schotten, einem Franzosen, zwei Engländern, einer Spanierin, einem Nordiren und drei Deutschen.

Zu Beginn meines Aufenthalts waren jedoch noch vier weitere deutsche Freiwillige hier, die bereits seit mehreren Monaten im YMCA gelebt haben und mittlerweile abgereist sind.

Besonders in den ersten paar Tagen hat die Herzlichkeit aller mir das Einleben erleichtert. Schon nach wenigen Tagen hatte ich das Gefühl, die Hausbewohner*innen ewig zu kennen und mittlerweile sind daraus viele gute Freundschaften entstanden.

 

Und dennoch waren die ersten paar Tage überwältigend: schön und ungewohnt. Etliche neue Namen, neue Eindrücke und „Rätsel“ wie zum Beispiel: „Wofür steht TRC?“ 

Oftmals habe ich nicht alleine frei und kann dann gemeinsam mit anderen Freiwilligen was unternehmen. Leider gestaltet es sich schwierig, hier viel zu unternehmen ohne ein Auto, da die Busverbindungen nicht sonderlich gut sind. Was man allerdings auch gut ohne Auto unternehmen kann, ist definitiv wandern, mit dem Bus eine Stunde nach Belfast fahren oder am Meer entlanglaufen. Der „Klassiker“ ist allerdings einfach in den Ort zu laufen und dort entweder in ein Café zu gehen oder einfach in einigen Geschäften zu bummeln. Newcastle ist nicht sonderlich groß und doch gibt es alles, was man braucht: einen Lidl, eine Drogerie, Apotheken, Outdoorgeschäfte, ein Kleidungsgeschäft und einige weitere kleine Läden. Da es, aufgrund der vielseitigen Landschaft, ein Touristenörtchen ist, gibt es etliche Cafés und Restaurants, in denen wir gerne auch nach der Arbeit eine heiße Schokolade trinken.

Wenn ich dann aber doch mal alleine frei habe, gehe ich gerne in Kilkeel schwimmen. Allerdings ist es ein ganz schöner Akt dahin zu kommen, da man erst circa 30 Minuten zur Bushaltestelle laufen muss, dann eine gute halbe Stunde fährt, wieder 20 Minuten läuft und dann nur eine Stunde im Schwimmbecken sein darf, da es wegen Corona strikte Zeitfenster gibt. Trotzdem tut es gut, mal aus dem Haus rauszukommen und etwas Zeit alleine zu verbringen. 

Letzte Woche war ich gemeinsam mit Paula, die ebenfalls mit IN VIA einen Freiwilligendienst in Cork macht, für vier Tage in Dublin. Wir waren in vielen Museen und haben in der kurzen Zeit echt viel von der Stadt zu sehen bekommen. Ich habe die Zeit dort sehr genossen und war dennoch froh, als ich wieder zurück in Greenhill war!

Und das zeigt, finde ich, ganz gut, dass ich mich hier gut eingelebt habe und gut zufrieden bin! Ich bin gespannt, wie die nächsten Monate verlaufen und freue mich auf all die kommenden Erlebnisse!

 

Alltag und Arbeit in Greenhill

All die Aktivitäten, die in Greenhill angeboten werden, sagten mir zunächst nichts, aber mit der Zeit habe ich mich daran gewöhnt und mittlerweile verwende ich die Begriffe genauso selbstverständlich wie die erfahrenen „Volunteers“. TRC beispielsweise bedeutet „Team Ropes Course“ und die Aufgabe besteht darin, als Team von einer Plattform zur nächsten zu kommen. 

Weitere Aktivitäten sind Bogenschießen (engl.: „Archery“), Teamspiele (engl.: „Initiative games“), Abenteuerspaziergang (engl.: „Adventure Walk“), Laser Tag, Shallow Bouldering (gegen den Strom laufen in einem Fluss), Schnitzeljagd (engl.: „Scavenger Hunt“), Chaosspiel (engl.: „Orienteering“), blinder Parkour (engl.: „Blind Trail“) und viele weitere Aktivitäten am Kletterturm (engl.: „Climbing Tower“). Der Kletterturm gibt einiges her wie beispielsweise eine normale Kletterwand, eine Seilbahn (engl.: „Zipline“), Abseilen, ein Sprung an ein Trapez („Leap of Faith“) und den sogenannten Gladiator. 

Neben dem Anleiten von Aktivitäten besteht unsere Arbeit auch aus den sogenannten „Maintenance“-Aufgaben (dt: „Instandhaltung“) und dem „Duty Instructor“.

Wir „Neuen“ oder auch „Newbies“ haben zunächst ein Training durchlaufen, das uns auf all unsere Aufgaben vorbereitet hat. Auch wenn man letztendlich das Meiste durch „learning by doing“ lernt. Dennoch war das Training sehr hilfreich und definitiv notwendig.

 

Ein typischer Wochentag während unseres Trainings begann um 10 Uhr und endete gegen 16.30 Uhr. Dazwischen hatten wir eine circa einstündige Mittagspause. Vor allem die ersten zwei Wochen haben mir viel Spaß gemacht, da wir die Aktivitäten wie als Teilnehmende durchlaufen haben, um sie besser kennenzulernen. Sprich: wir waren wie eine Jugendgruppe, die alles ausprobieren durfte von Lasertag bis hin zum Kletterturm. Wie auch die Kinder selbst, waren wir nicht ganz angstfrei auf dem Kletterturm und hatten vor allem vor dem „Leap of Faith“ ein bisschen Bammel. Jede*r natürlich unterschiedlich stark ausgeprägt, aber auch das war gut zu erfahren, um besser nachvollziehen zu können, wie sich die Kinder oder Jugendlichen fühlen, wenn sie vor lauter Angst nicht springen wollen. 

Nach und nach haben wir dann beim erneuten Durchlaufen der Aktivitäten die „Instructor-Perspektive“ eingenommen und Einblicke in die Arbeit bekommen. Sicherheitsregeln, Abläufe, kleine Spielchen und all das haben wir neben der eigentlichen Aktivität kennengelernt. Besonders für den Einsatz am Kletterturm wurden wir intensiv vorbereitet. Hierfür ist sogar ein externer Klettertrainer gekommen und hat uns in möglichst wenig Zeit möglichst viel beigebracht. Die Trainingstage für den Kletterturm waren immer sehr vollgepackt und dementsprechend anstrengend. Den ganzen Tag zuzuhören und neues Wissen aufzunehmen und im Hinterkopf die anstehende Prüfung zu haben, war definitiv ermüdend und so manches Mal auch frustrierend, wenn etwas mal nicht auf Anhieb geklappt hat. Die vielen neuen Knoten, Abfolgen und das verschiedene Equipment haben mich persönlich gefordert. Letztendlich hatten wir zunächst unsere Prüfung für das sogenannte „Ground belaying“, also das Sichern am Boden. Diese habe ich genauso wie die meisten anderen auf Anhieb bestanden und war anschließend sehr erleichtert. Circa zwei Wochen später hatten wir dann die Prüfung für die „Zipline“ (dt.: „Seilbahn“) und Abseiling (dt.: „Abseilen“) – die beiden Aktivitäten, die man von oben anleitet und nicht vom Boden aus. Da man bei allen Aktivitäten am Kletterturm viel Verantwortung hat und ein kleiner Fehler von großer Bedeutung sein kann, reicht eben so ein Fehler aus, um die Prüfung nicht zu bestehen. Ich habe glücklicherweise bestanden, aber vier Freiwillige hatten leider kein Glück mit der Prüfung. 

 

Auch für einige andere Aktivitäten waren Prüfungen erforderlich, die jedoch wesentlich leichter zu bestehen waren. 

Für „Initiative games“ beispielsweise braucht man kaum Vorwissen, sodass wir bereits in unserer ersten Woche am Freitag mit einer Schulgruppe gearbeitet haben. 

Die Trennungslinie zwischen Training und Arbeit ist also sehr verschwommen. Bereits während des Trainings haben wir zeitweise schon normal gearbeitet und dennoch haben wir selbst jetzt teileweise noch Trainingseinheiten. Jeden zweiten Dienstagabend haben wir unter anderem eine Fortbildung über die Arbeit mit Jugendlichen. Dieser Kurs heißt „OCN-Level 2 Youth Work“ und soll uns Wissen über den Umgang mit Jugendlichen verschaffen.

Eine weitere Qualifikation, für die wir geschult werden, ist der britische Rettungsschwimmer, den wir benötigen, um pool sessions anzuleiten. Denn seit 2020 ist auf dem Campgelände von Greenhill ein neues Gebäude, in dem auch ein kleiner Pool ist, der für Schwimmstunden genutzt wird. Mir persönlich gefällt das „Lifeguard-Training“ gut, da ich gerne schwimme und es interessant ist zu sehen, wie sehr sich der britische Lifeguard von dem deutschen Rettungsschwimmer unterscheidet. 

 

Im Gegensatz zu der Durchführung von den Aktivitäten sind die Maintenance Aufgaben sehr selbsterklärend und doch sehr abwechslungsreich. Wann immer man für Maintenance eingeteilt ist, ist man quasi eine helfende Hand für die Hausmeister und hilft ihnen so gut es geht. Teilweise bedeutet das schlichtweg Müll einsammeln, Laub blasen, Räume oder chaotische Ecken wie zum Beispiel den Dachboden aufräumen oder Kleinigkeiten reparieren. Oftmals muss man zum Beispiel die Federn der Bögen vom Bogenschießen wieder ankleben oder Ähnliches. Außerdem haben wir viel Zeit damit verbracht, die Einverständniserklärungen der Gruppen, abzutippen und auf diesem Wege zu digitalisieren. 

Vor allem über den Winter besuchen weniger Gruppen das YMCA, sodass weniger Sessions anfallen und dafür mehr Maintenance gemacht wird.

 

Auch der Duty Instructor hat zu dieser Zeit im Jahr weniger zu tun. Jeden Tag ist ein*e Freiwillige*r DI und hat somit das DI-Telefon. Wenn Gruppen Probleme haben wie zum Beispiel eine nichtfunktionierende Heizung oder Fragen zum Programm, wird diese Telefonnummer angerufen und man hat quasi einen 24-stündigen Bereitschaftsdienst. Daher kann man, wenn man DI ist, das Gelände nicht verlassen. Außerdem ist man dafür zuständig, Kaffee zu kochen, sodass alle Mitarbeiter*innen und Besucher*innen jederzeit ein Heißgetränk in der Essenshalle bekommen können.

Hinzu kommt, dass die meisten Gruppen, die über Nacht bleiben, auch im Camp essen und für diese muss man als DI die Tische decken und auch anschließend alles wieder sauber machen. Dazu gehört spülen, Tische abwischen, den Boden fegen und wischen und den Müll rausbringen. Je nachdem wie groß die Gruppe ist, dauert das entweder recht lang oder ist schnell gemacht. Wenn man Glück hat, arbeitet man zusammen mit einem weiteren Freiwilligen, wodurch alles etwas schneller geht, und natürlich mehr Spaß macht!

 

Dieses Motto gilt aber so gut wie für alle Aufgaben hier: eine Session zu zweit oder eine Maintenance Aufgabe mit mehreren macht einfach viel mehr Spaß als alleine!

Ganz besonders wichtig ist, dass man immer damit rechnet, was anderes machen zu müssen als geplant. Sei es aufgrund von Fehlern im Programm, dem Wetter oder spezifischen Wünschen der Gruppen. Nichts läuft so wie geplant, aber irgendwie klappt es immer und das ist doch das Wichtigste!